12.08.2025
Bei kniffligen Fällen der Instandsetzung kommt bei Zeppelin die STS ins Spiel
12.8.2025
KAUFBEUREN (SR)
Wenn Profis mit ihrem Latein am Ende sind, wenn sie vor einem Problem stehen, sind Spezialisten gefragt. Bei Zeppelin unterstützt den Service im Außendienst und in der Werkstatt die Abteilung Service-Technik-Schulung. Einer der dort tätigen Instruktoren ist Sebastian Angermeier. Eines seiner Spezialgebiete: Rebuilds. Bei Fragen rund um die Instandsetzung von Cat Baumaschinen ist er Ansprechpartner für Kollegen, sollten sie nicht mehr weiterwissen, und stimmt sich dann auch mit dem Hersteller Caterpillar ab. Wenn im Fall einer kompletten Generalüberholung rund 7 000 Teile erneuert werden, muss er sich im Detail auskennen. Über die Spezifika einer Instandsetzung haben wir uns mit ihm ausgetauscht.
Frage: Wie gehen Sie vor, wenn ein Kollege mit einem Problem bei der Instandsetzung zu Ihnen kommt?
Sebastian Angermeier: Man muss unterscheiden: Liegt ein technisches Problem vor oder geht es um Verschleiß, der mithilfe verschiedener Messungen ermittelt werden kann. Kritische Punkte sind die Schadensbilder und die Wiederverwertung von Teilen. Kollegen wollen oft wissen, ob sie ein Bauteil noch reparieren können oder ob sie ein neues einbauen müssen. Da muss man sich das Schadensbild genau anschauen. Man muss prüfen, ob die Beschädigung die Laufzeit beeinträchtigen kann. Da gibt es klare Vorgaben von Caterpillar. Hinweise geben beispielsweise Abplatzungen. Werden gewisse Grenzwerte überschritten, führt kein Weg an einem neuen Bauteil vorbei.
Frage: Kollegen melden sich, wenn sie selbst nicht mehr weiterwissen. Was machen Sie, wenn Sie mit Ihrem Fachwissen an Grenzen stoßen?
Sebastian Angermeier: Eine Herausforderung ist die Bandbreite an Maschinen. Auch wenn Zeppelin seit über 20 Jahren umfassende Erfahrungen bei der Realisierung von Rebuilds vorweisen kann, so sind manche Baumaschinen-Modelle wie ein Muldenkipper häufiger instand gesetzt worden als etwa ein Kettenbagger, was am komplexeren Hydrauliksystem liegt. Unterstützung gibt es in einer umfangreichen Datenbank seitens Caterpillar, auf die ich mich beziehen kann. Aber auch die Abteilung Service-Technik-Schulung führt eine Datenbank mit entsprechenden Dokumentationen, die weiterhelfen kann. Sinnvoll ist immer ein Austausch mit den Kollegen, welche die konkrete Maschine betreuen. In manchen Fällen muss man eine separate Untersuchung machen, um etwa Mikrorisse oder die Risszugspannung zu überprüfen. Das ist nicht die Regel, aber auch das klären wir ab, falls nötig. Schließlich erwarten Kunden und Caterpillar zu Recht, dass wir ein Gerät in einem technisch einwandfreien Zustand nach der Überholung übergeben.
Frage: Welche Fähigkeiten oder Kenntnisse braucht man, um die Spezialisten in der Werkstatt anzuleiten, die richtigen Schritte zu tun?
Sebastian Angermeier: Grundsätzlich muss man sich mit unseren Systemen auskennen und wissen, wie sie funktionieren. Wir unterstützen uns hier gegenseitig im Team der STS, aber auch innerhalb der ganzen Service-Mannschaft und schalten unsere Motor-, Getriebe- und Hydraulikspezialisierung dazu. Das bedeutet, dass wir uns regelmäßig austauschen und weiterbilden, um auf dem neuesten Stand zu sein. Am Ende des Tages geht es um Wirtschaftlichkeit, und zwar sowohl für den Kunden als auch für Zeppelin. Daher muss der Umfang einer Überholung im Vorfeld klar definiert und Schritt für Schritt mit dem Kunden besprochen werden.
Frage: Was sind die größten Herausforderungen bei einem Rebuild? Dass alle Schrauben hinterher auch wieder am Platz sind und keine übrig geblieben ist?
Sebastian Angermeier: Nach so einer Überholung muss eine Baumaschine technisch einwandfrei arbeiten. Wenn man im Zuge eines kompletten Rebuilds Motor und Getriebe zerlegt, die Hydraulik überholt, die Elektrik und Elektronik erneuert, dann sind viele verschiedene Systeme betroffen und es werden zahlreiche Änderungen und Arbeitsschritte vorgenommen. Kommt es zu einem Problem, ist es am Anfang zunächst die große Herausforderung, einzugrenzen, was genau betroffen ist. Aber auch die Planung und die Logistik sind ein anspruchsvoller Part. Schließlich müssen alle Teile vorrätig sein, bevor die Kollegen in der Werkstatt loslegen können. Außerdem erfordert es eine enge Abstimmung, wenn auch Motor-, Getriebe- und Hydraulikspezialisierung sowie Schweißerei und Lackiererei eingebunden sind. Nicht zuletzt sind Produktupdates zu berücksichtigen, die inzwischen Eingang in die Serie gefunden haben. Dafür muss man den aktuellen Status quo ermitteln.
Frage: Was ist anspruchsvoller: Das alte Eisen wieder flottzumachen oder dass auch technische Neuerungen einfließen, die zwischenzeitlich Einzug in die Serie gehalten haben?
Sebastian Angermeier: Das sogenannte alte Eisen ist bekannt. Eine komplette Übersicht über alle kleinen und großen Neuerungen zu erhalten, die ein Produkt von Cat im Lauf einer Serie durchlaufen hat, gestaltet sich nicht ganz so einfach. Unterstützung bekommen wir hier über den Serviceletter von Caterpillar, aber wir müssen selbst auch prüfen, was bereits im Modell umgesetzt wurde und was dann im Nachgang im Detail alles im Laufe der Produktion und Entwicklung einer Maschinenserie dazukam. Nur um ein Beispiel zu nennen, was abzuklären ist: Hat sich die Hydraulikpumpe an sich geändert oder wurden in diesem Zuge auch noch weitere Änderungen am Ansaugsystem der Pumpe vorgenommen?
Frage: Welche Komponenten oder Systeme erfordern besonders viel Aufmerksamkeit bei einer Überholung?
Sebastian Angermeier: Es sind der Dieselmotor und das Getriebe. Genau dafür unterhalten wir in unseren Niederlassungen in Frankenthal und Köln entsprechende Spezialisierungen. Bevor wir diese Komponenten wieder in der Maschine verbauen, prüfen wir mithilfe eines Prüfstandlaufs ganz genau, ob sie auch richtig funktionieren. Die Maschine wird erst dann an den Kunden übergeben, wenn sie und somit alle Systeme komplett getestet wurden.
Frage: Gibt es typische Probleme, die häufig bei einem Rebuild auftreten?
Sebastian Angermeier: Es kann hin und wieder zu altersbedingten Ermüdungsrissen an Rahmenteilen der Maschinen kommen. Wie stark die Rissbildung fortgeschritten ist, lässt sich jedoch erst erkennen, wenn man eine Maschine zerlegt hat und dann bis zu der jeweiligen Stelle vorgedrungen ist. Grundsätzlich versuchen wir bei Zeppelin im Sinne von Lessons Learned die Erfahrungen und Erkenntnisse pro Rebuild im Nachgang festzuhalten, um daraus für die Zukunft zu lernen. Der Erfahrungsaustausch ist auch wichtig innerhalb unserer Niederlassungen für einen Wissenstransfer, um die Mitarbeiter zu sensibilisieren, worauf sie beim nächsten Mal besonders achten müssen, wenn ein vergleichbares Modell instand gesetzt wird.
Was gehört zu einem Rebuild?
Mittels Rebuild, so der offizielle Name für das zertifizierte Instandsetzungsprogramm bei Caterpillar, können Cat Baumaschinen für eine weitere Einsatzdauer gerüstet werden. Grundsätzlich werden drei Arten der Instandsetzung angeboten: Das „Cat Machine Rebuild“ umfasst die komplette Baumaschine inklusive sämtlicher Steuergeräte bis hin zur kompletten Kabine und einer neuen Lackierung. Doch muss nicht immer die gesamte Maschine runderneuert werden. Die Überholung kann sich auch auf verschiedene Maschinenkomponenten beschränken. So bezieht sich eine Option auf den Kraftstrang, der Motor, Getriebe, Wandler, Kühler, Achsen und Bremsen umfasst. Als dritte Variante wird auch noch das Kraftstrang-Paket in Verbindung mit dem gesamten Hydrauliksystem angeboten. Bei jedem Rebuild werden Verschleißteile, Lagerungen und Dichtringe erneuert.
Im ersten Schritt entscheiden die Zeppelin Mitarbeiter zusammen mit dem Kunden anhand der Maschinenakte und Servicehistorie, ob ein Rebuild überhaupt sinnvoll ist. Eine intensive Kontrolle des Zustands und der Maschinensubstanz gehen den ersten Arbeiten voraus. Erst dann wird die Baumaschine in ihre Komponenten zerlegt. Diese werden gereinigt und befundet. Anschließend wird die Maschine Schritt für Schritt in den neuwertigen Zustand versetzt. Dabei werden je nach Rebuild-Programm, je nach Maschine und je nach Zustand Kühler, Motoren, Hydraulikschläuche, Seitenantriebe, Achsen sowie Lenk- und Bremssysteme überholt. Darüber hinaus werden Anbauteile sandgestrahlt, lackiert und anschließend mit Korrosionsschutz versehen. Auch die Kabine inklusive Sitz, Joystick, Schalter und Verkleidungen kann entsprechend modernisiert werden. In den Instandsetzungsprozess fließen auch nach der Herstellung der Maschine eingeführte Produktverbesserungen ein, sodass sie schlussendlich in jeglicher Hinsicht „up to date“ ist.
Bild 1: Instruktor Sebastian Angermeier.
Bild 2: „Wie stark die Rissbildung fortgeschritten ist, lässt sich jedoch erst erkennen, wenn man eine Maschine zerlegt hat und dann bis zu der jeweiligen Stelle vorgedrungen ist“, so Sebastian Angermeier. Fotos: Zeppelin
Zeppelin Baumaschinen GmbH Graf-Zeppelin-Platz 1 85748 Garching bei München Tel: +49 89 32000 636